Seit März 2020 leben wir mit Einschränkungen durch Allgemeinverfügungen, die davor undenkbar waren. Kindergärten, Schulen und Universitäten sind geschlossen. Das HomeOffice und Videokonferenzen geben die Luft und die Straßen frei und die Fließbänder der Automobilindustrie stehen still. Kein Restaurant, kein Campingplatz, kein Hotel, kein Tourismus, kein Ost- oder Nordseeurlaub – kein Kitesurfen am Meer für Binnensportler.
Die Hoffnung auf ein zügiges verschwinden von Covid-19 ist mittlerweile der Realität gewichen. Wir werden viele Monate, wenn nicht sogar Jahre, weiter mit Einschränkungen leben müssen. Was das für diesen Sommer bedeutet ist bereits recht klar durch die Politik kommuniziert worden: Die Grenzen bleiben wohl zum großen Teil geschlossen. Einen Urlaub im Ausland wird es zumindest diesen Sommer nicht oder nur sehr eingeschränkt geben. Ob Urlaub an der Ost- oder Nordsee – und wenn ja in welchem Maße – möglich sein wird bleibt abzuwarten. Es scheint jedoch sicher, dass Fotos von vollen Stränden und Campingplätzen dieses Jahr nicht entstehen werden.
Allein die beiden Tatsachen, dass – wenn Urlaub – dieser wohl im eigenem Land stattfinden und auch nicht überall im vollem Maße zugelassen sein wird, lässt schnell erahnen, welche Einschränkungen wir hier in unserem Land diesbezüglich erleben werden. Die touristischen Hotspots in Deutschland werden schnell an ihre erlaubte bzw. mögliche Kapazität stoßen. Wir brauchen Alternativen!
Dies ist ein guter Zeitpunkt den Blick auf das Lausitzer Seenland zu richten. Touristisch nur gering entwickelt, bietet es spätestens seit den großflächigen Sanierungsmaßnahmen, ein enormes, bis jetzt kaum genutztes Potenzial für Sport, Natur, Erholung und Urlaub – kurz: Tourismus. Die künstlichen Seenlandschaften mit mehr als 35 Seen gehören zu den größten Europas und sind leicht von Berlin, Dresden oder Leipzig erreichbar und auch darüber hinaus gut angebunden. Sie erstrecken sich über große Teile vom östlichen Sachsen bis ins südliche Brandenburg [1].
Die Gründe warum das touristische Potenzial nur im geringen Maße genutzt wird sind vielfältig. Zum einen befinden sich einige Seen noch im Sanierungsprozess und zählen damit zu privaten Sperrgebieten der LMBV [2]. Jedoch sind bereits mehr als ausreichend Flächen für die touristische Nutzung freigegeben. Dazu zählen seit vielen Jahren der Senftenberger See und seit wenigen Jahren z.B. der Geierswalder See, Bärwalder See oder auch Berzdorfer See. Diese Seen bieten für das Binnenland u. a. hervorragende Bedingungen für den Wassersport, insbesondere für das Kitesurfen [3, „Lokale Begebenheiten"], welche über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind.
In der Regel werden Seen, die im Zuge der touristische Nutzung freigegeben werden, in Sachsen als schiffbar erklärt. Dadurch gilt hier die Sächsische Schifffahrtsverordnung wonach wiederum z. B. das Kitesurfen grundsätzlich nicht erlaubt ist (§ 7 Abs. 3 Satz 1 SächsSchiffVO), obwohl es keine objektiven Gründe für ein Verbot im Bezug auf die Lausitzer Seen gibt [3]. Dies trifft auf alle oben genannten Seen zu.
Aus diesem Grund hat sich im Jahr 2015 der Kitesurf-Lausitz e.V. gegründet, um die Legalisierung des Kitesport auf den Lausitzer Seen zu erreichen. Dies ist gemeinsam mit der Gemeinde Boxberg 2018 auch für den Bärwaldes See nach Jahren der Arbeit gerichtlich geglückt. Im Jahr 2016 erfolgte auch eine direkte Anweisung des Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) an die Landesdirektion Sachsen (LDS) für den Raum Leipzig und die Lausitz je zwei Seen kurzfristig (bis Ostern 2016) für das Kitesurfen freizugeben [4]. Diese Anweisung wurde von dem damaligen Abgeordneten des Wahlkreises Görlitz Michael Kretschmer unterstützt, wurde aber seitens der LDS nicht umgesetzt.
In den letzten zwei Monaten sind viele neue Kiter in die Lausitz zum Kitesurfen gekommen, die normalerweise an die Küsten fahren oder in anderen Ländern Kiteurlaub machen. Auch in der Facebook-Gruppe „Kitesurfen in Sachsen“ stieg zuletzt die Mitgliederanzahl signifikant an. Das Interesse ist groß und wird im Sommer voraussichtlich weiter Ansteigen. Viele Kitesurfer entdecken erst jetzt – im Zuge der Einschränkungen – dass die Lausitz eine echte Alternative für die Küste darstellen kann. Die gesetzliche Lage trägt aktuelle hierbei nicht zu einem „Willkommen in der Lausitz" bei.
Doch genau das muss jetzt das Lausitzer Seenland anbieten: „Touristen, Kitesurfer – ihr seid herzlich Willkommen“. Der Fokus auf das Lausitzer Seenland wächst durch die Corona-Krise. Hier steht die Politik in der Verantwortung unkomplizierte Lösungen anzubieten und damit das Lausitzer Seenland durch exklusive Möglichkeiten attraktiv und alternativ zu machen, anstatt durch nicht nachvollziehbare Verbote in Erinnerung zu bleiben.
Die jüngsten Ereignisse haben auf beeindruckende Weise gezeigt wie schnell Allgemeinverfügungen in Kraft treten können, die sogar Grundrechte einschränken können. Es wird höchste Zeit Allgemeinverfügungen in Kraft treten zu lassen, die besonders in dieser Zeit Freiheiten schaffen. In diesem Sinne freuen wir uns auf die Schlagzeile vor dem Sommer: „Sachsen ist die neue Ostsee – Kitesurfen ab Juni erlaubt“.